Freiarbeit

Montessori sagt, dass Freiarbeit die „höchste und anspruchsvollste Form des Lernens“ sei.

Freiarbeit ist ein zentrales Element unserer Didaktik. Freiarbeit bedeutet nicht „Freizeit“ oder die Freiheit zu haben, sich auszuruhen. Vielmehr steckt darin der Begriff der „Arbeit“, die aber völlig unterschiedlich aussehen kann. Wichtig ist eine gute und professionelle Organisation der Freiarbeit.

In unseren Stundenplänen hat Freiarbeit einen zentralen Stellenwert. In der Grundschule findet sie jeden Tag regelmäßig neben dem gebundenen Unterricht statt. Ebenso bieten wir Freiarbeit in der Sekundarstufe an. Dort nimmt sie allerdings im Laufe der Sekundarstufe in den höheren Klassen ab, weil zunehmend Fachunterricht unsere Stundenpläne „zerhackt“ und die Stofffülle immer mehr zunimmt. Trotzdem planen wir auch hier regelmäßig Freiarbeitsphasen ein.

In jedem Klassenraum stellen wir unseren Schülerinnen und Schülern im Rahmen der vorbereiteten Umgebung Arbeits- und Lernmaterialen entsprechend ihrem Entwicklungsalter bzw. ihrer sensiblen Phase bereit. Wir berücksichtigen hierbei natürlich die Lernbedürfnisse und Lernvoraussetzungen aller Kinder einer Klasse und können ein breites Differenzierungsangebot leisten.

Die vorbereitete Umgebung muss den Interessensbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen entsprechen, sie muss ständig verändert und sorgfältig gepflegt werden. Sie kann aus den unterschiedlichen Montessori-Materialien bestehen, aus Büchern, Lernspielen, Übungskarteien, Übungsheften oder anderen didaktischen Gegenständen, die den Montessori-Kriterien entsprechen: sie sollen ansprechend und ästhetisch sein sowie eine Selbstkontrolle des Kindes ermöglichen.

Viele Materialien sind pro Klasse nur einmal vorhanden. So sind die Kinder beim Beobachten ihrer Mitschüler sehr häufig motiviert und wollen unbedingt später auch mit diesem Material arbeiten.

Im Rahmen dieser dem Alter und den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedlich vorbereiteten Lernumgebung kann jedes Kind und jeder Jugendliche individuell während der Freiarbeit wählen, womit es arbeiten möchte, sofern das Material nicht schon von einem jemand anderen gewählt wurde.

Diese freie Wahl erfordert von den Lehrkräften intensive Beratung oder Anleitung jedes einzelnen Kindes bzw. Jugendlichen, d.h. sie müssen die Lernmaterialien sehr gut darbieten und erklären können. Dies geschieht durch sorgfältigste und genaueste Darbietungen.

Daneben muss die Montessori-Lehrkraft ihre Schülerinnen und Schüler genau beobachten (und nach Möglichkeit dokumentieren), womit jede Schülerin /jeder Schüler arbeitet, wie intensiv sie/er sich mit bestimmten Lerngegenständen auseinandersetzt, was sie/er vielleicht gerade vermeidet oder ganz ablehnt, um zu gegebener Zeit entsprechend lenkend eingreifen zu können.

Gleichzeitig sollte die Lehrkraft aber auch eine Zeit lang „aushalten“ können, wenn ein Kind bestimmte Lerngegenstände konsequent vermeidet und Vertrauen in das Kind haben, dass es das lernt, für das es jetzt gerade motiviert und sensibel ist. Oft hilft hier eine vertrauensvolle Absprache mit den Eltern (Montessori: „Das Kind ist der Baumeister seiner selbst“).

Aber auch von unseren Schülerinnen und Schülern erfordert die Freiarbeit ein hohes Maß an Disziplin. Wir verlangen sorgsamen Umgang mit den Lernmaterialen, Ausdauer und Konzentration bei der Arbeit sowie Rücksichtnahme gegenüber Mitschüler*innen, damit Freiarbeit gut funktionieren kann. Häufig dokumentieren diese stolz selbst in entsprechenden Heften, Karteien oder auf Blättern, was sie in der Freiarbeit gerade leisten.

Während der Freiarbeit arbeiten Kinder alleine, in Partnerarbeit oder in der Kleingruppe zusammen. Wichtig hierbei ist, dass kein Kind das andere stört oder in seinem Lernen beeinträchtigt. Die Kinder arbeiten im Klassenzimmer am Tisch oder auf einem Teppich, in einem Gruppenraum, auf dem Flur, evtl. in einem Fachraum oder in einer ruhigen Ecke im Schulhaus.

Manche Schülerinnen und Schüler können sich schwer für eine Arbeit entscheiden oder sind in ihrer Wahl blockiert. Hier beraten und unterstützen wir gerne. Sollte eine Schülerin /ein Schüler gar nicht zu einer Arbeit finden, steuern wir indirekt oder auch direkt die Wahl und bieten die notwendige Strukturierungshilfe an.

Findet eine Schülerin /ein Schüler dann immer noch zu keiner Arbeit oder sollte es andere stören oder beeinträchtigen, kann es an der Freiarbeit an diesem Tag nicht teilnehmen.

Freiarbeit hat insgesamt gesehen den großen Vorteil, dass jede Schülerin /jeder Schüler hoch motiviert und sehr individuell mit eigenem Lerntempo arbeiten kann. Oft helfen sich die Schüler*innen gegenseitig oder erklären sich einen Lerngegenstand. Sie lernen gerne voneinander und können so ganz nebenbei wertvolle Sozialkompetenz entwickeln und die Lehrkräfte zumindest zeitweise entlasten.